Der Fall des verschwundenen Sterns

Es begann in einer dieser Nächte, in denen die Stadt nicht schlafen konnte. Zu viel Licht. Zu viele Stimmen. Irgendwas war im System – und ich sollte es finden.

Ich bin Melatonin. Privatdetektiv, Spezialgebiet: Dunkelheit.
Meine Klienten kommen selten freiwillig. Meistens rufen sie mich, wenn alles andere versagt hat: wenn Schlaf sich weigert einzutreten oder wenn der Körper rebelliert.

Der Auftrag an diesem Abend kam von innen. Ein Flüstern. Kaum hörbar: „Ein Stern ist verschwunden. Tief drinnen. Finde ihn.“

Ich wusste, was das bedeutete. Kein Schlaf. Kein Rhythmus. Kein inneres Licht.
Also machte ich mich auf den Weg durch die Gassen der Zirbeldrüse – dort, wo die Nacht gemacht wird.

Aber es war etwas faul. Blaulicht überall. Künstliches Flackern an jeder Ecke. Die Bildschirme? Offen. Die Gedanken? Laut wie ein Jahrmarkt. Der Himmel im Inneren war vernebelt.

„Zu viel Reiz“, murmelte ich. „Zu wenig Dunkel.“

Ich sprach mit Serotonin, meinem alten Informanten. Er sah müde aus, blass, kaum noch in Form. „Sie lassen mir keine Ruhe mehr“, sagte er. „Ich kann mich nicht verwandeln. Kein Signal, keine Nacht.“

Ich verstand. Der Stern – das Leuchten – konnte sich nur zeigen, wenn alles still wurde. Wenn die Stadt sich erinnerte: Es ist Nacht. Es darf ruhiger werden. Der Tag muss enden.

Ich begann, das Licht zu drosseln. Einen Bildschirm nach dem anderen schloss ich. Schaltete Geräusche aus. Atemzüge wurden langsamer. Gedanken wurden leiser. Und dann …

Dann kam sie. Die Dunkelheit. Und mit ihr: Das Leuchten. Der Stern ging wieder auf.
Still. Kraftvoll. Tief im Inneren.

Fall gelöst.
Ich zog meinen Mantel enger, trat zurück in die Schatten. Keine Sirenen mehr, nur noch Stille.

Ich bin kein Schlafmittel. Ich bin das Leuchten, wenn die Welt zur Ruhe kommt.
Ich bin ein Licht in der Nacht.
Melatonin eben.